Es ist Samstag, der 1. August, draussen wird offensichtlich (besser: offenhörlich) der Nationalfeiertag „festlich“ begangen. Ich entziehe mich den Festivitäten und bearbeite den ganzen Nachmittag die Fotos der vergangenen fünf Tage – fünf äusserst intensive Tage, welche für mich unvergessen bleiben werden. Wer meine Seite diese Woche das eine oder andere Mal besucht hat, weiss wo ich mich rumgetrieben habe. Nun also folgt wie versprochen das ausführliche und bebilderte Tagebuch.
Bevor ich mich mit dem ersten Tag unserer Tour beschäftige, muss ich etwas ausholen. Eigentlicher Ursprung meiner – etwas verrückten – Idee der Besteigung der Dufourspitze war die Sendung des Schweizer Fernsehens mit dem Namen „SF bi de Lüt – Über Stock und Stein“. In dieser wanderte Nik Hartmann während jeweils mehreren Folgen quer durch die Schweiz. Im Jahr 2010 mit Start in Appenzell und dem grossen Ziel… genau, Dufourspitze. Am 9. Juli 2010 also folgte die 12. und letzte Folge der Reihe, ich ausnahmsweise vor dem Fernseher und nach dem emotionalen Ende der Sendung mit einem klaren Ziel: wenn es der Nik nach da oben schafft, dann will ich auch da rauf! Hier der Link zu besagter Sendung (ab 10:20 wird’s richtig interessant): SF bi de Lüt
Die Jahre vergingen, ohne konkret auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Geändert hat sich dies mit dem Beschluss vom Januar 2014, den Kilimanjaro zu besteigen. In diesem Zusammenhang machte ich im August 2014 eine 4000er-Trainingswoche, während der ich zusammen mit meinem Bruder Dani und meinem Arbeitskollegen Oli meine ersten drei 4000er bestieg. Dies zusammen mit Hajo, unserem damaligen Bergführer, welchen wir in dieser Woche sehr schätzen lernten. Wir fragten ihn damals, ob er uns unter anderem die Dufourspitze zutrauen würde. Er meinte in seiner typisch bayrischen Art nur „Ja, des geht scho“. Na, wenn das nicht überzeugend ist, weiss ich auch nicht mehr weiter! So habe ich dann Ende Oktober 2014 in fast schon massloser Selbstüberschätzung die von Berg und Tal angebotene Hochtour „Dom und Dufourspitze“ gebucht. Wiederum dabei waren mein Bruder und Oli. Wir fanden, dass auch das Jahr 2015 ein grosses Gipfelziel brauchte. Um auf Nummer sicher zu gehen, buchten wir also gleich zwei. Auf was wir uns dabei einliessen, folgt nun…
Montag Morgen, es ist kurz vor 8 Uhr, wir stehen vor dem Busterminal in Saas Fee und warten auf Hajo, unseren bestens bekannten Bergführer, den wir auf unseren ausdrücklichen Wunsch hin für diese Hochtour gebucht haben. Er war es schliesslich, der uns vor knapp einem Jahr gesagt hat, das die Dufourspitze „schon machbar“ sei. Schau’n mer mal, würd ich sagen…
Nach der Begrüssung gehen wir zügigen Schrittes zur Talstation des Alpin-Express, welcher uns bis Felskinn bringt. Von dort geht die Fahrt weiter mit der Metro-Alpin hoch bis zum Mittelallalin. So einfach werden uns die Höhenmeter diese Woche wohl nie mehr gemacht. Schon während der Bergfahrt haben wir beschlossen, das im Programm vorgesehene Allalinhorn wortwörtlich links liegen zu lassen und stattdessen den Alphubel zu besteigen. Denn ersteres haben wir ja schon letztes Jahr bestiegen und letzerer liegt quasi an der heutigen Route über den Feekopf rüber zur Täschhütte. Besagter Feekopf war übrigens schon im Vorfeld ein Hindernis, welches mir Sorgen machte. Denn alle von mir bisher bestiegenen 4000er konnten ohne irgendwelche Kletterei erreicht werden. Wie wohl das ausgehen wird?
Was erfahrene Bergsteiger wohl als kleine Fingerübung abtun, ist für mich ein grosser Schritt. Der Blick nach unten sorgt beim Hochklettern zum Feekopf einige Male für Kribbeln, doch mit der nötigen Konzentriertheit gelingt auch das. Der Fels ist bis auf eine Ausnahme griffig und fest, es beginnt mir bereits Spass zu machen. Nach relativ kurzer Zeit stehen wir oben dem Feekopf, welchen wir jedoch bald in Richtung Alphubeljoch verlassen. Von hier beginnt der Aufstieg zum Alphubel, welchen wir drei „Jungbergsteiger“ alle etwas unterschätzen. Es liegen noch mehr als 400 Höhenmeter vor uns, welche jedoch gar nicht danach aussehen.
Wir erreichen schliesslich den höchsten Punkt des langgestreckten Gipfels. Ich bin bereits ziemlich ausgelaugt und zweifle beim Gedanken an die folgenden Tage. Aber egal, jetzt geniesse ich den Moment mit dem gewaltigen Panorama rund um mich. Mit 4206 Meter ist dies der höchste Punkt, den ich bisher in der Schweiz erreicht habe. Da wir für Hochtouren wie diese ziemlich spät gestartet sind, drängt die Zeit und wir beginnen schon bald mit dem Abstieg zur Täschhütte. Während diesem mache ich erste Bekanntschaft mit dem tiefen und von der Wärme aufgeweichten Schnee, welcher sehr kräfteraubend ist. Zum Glück geht’s bis zum Tagesziel nur noch bergab!
Vor nicht ganz 7 Stunden starteten wir auf dem Mittelallalin unsere heutige Tour. Um 15.30 endet diese mit der Ankunft in der Täschhütte. Wir sind alle ziemlich kaputt und gönnen uns nach dem Einpuffen im Zimmer und dem Zvieri einen mehr oder weniger langen „Mittagsschlaf“. Nach Wiedererlangen meiner Kräfte schleiche ich in und um die – in den Jahren 2007/2008 erweiterte und erneuerte – Hütte herum und mache noch ein paar Fotos.
Der erste Tag wird durch ein gutes 3-Gang-Abendessen abgerundet. Zum Hauptgang serviert uns die Hüttencrew Rindsbraten, Reis und Gemüse. Der Tag endet perfekt mit einen Hüttenkafi als Bettmümpfeli und einem Sonnenuntergang (fast) hinter dem Weisshorn.
Tagesfacts: Aufstieg 920 hm, Abstieg 1660 hm, Distanz 10 km (leider nur sehr ungefähr, da meine Garmin Fenix 3 in den Bergen ziemlich ungenau ist), Gehzeit mit Pausen 6:48h