Mir machte ja der Gedanke an den heutigen Tag etwas Sorgen. Thömu, der unsere gesamte Tour plante, sah für heute die Besteigung des 3860 Meter hohen Grünegghorns sowie danach den langen Marsch zur Hollandiahütte vor. Er meinte, dass sei in ca. 8 bis 9 Stunden zu schaffen. Wir werden sehen…
Mit uns im 12er-Schlag war nur noch ein junges Paar aus Neuseeland, welche heute auf das 4043 Meter hohe Gross Grünhorn wollten. Dieses liegt direkt neben unserem Ziel, ja wird sogar darüber bestiegen. Ob wir sie noch sehen würden? Die beiden standen jedenfalls einiges vor uns auf, nämlich um exakt 3 Uhr. Ich bekam es ganz am Rande mit, drehte mich wieder um und schlief bis zu meiner Weckzeit um 04:40 Uhr. Bereits 15 Minuten sass ich am Zmorgetisch und füllte meinen Energiespeicher auf. Weitere 30 Minuten später, also kurz vor halb sechs, standen wir bereits draussen vor der Konkordiahütte und starteten zu unserem langen Tag.
Sämtliche Wetterprognosen sagten für heute einen Traumtag mit viel Sonne und wolkenlosem Himmel voraus. Die Realität war dann zumindest bei Tagesanbruch eine andere. Viele und teils recht dunkle Wolken trübten die Stimmung etwas. Doch wenigstens blieb es trocken, was eigentlich das Wichtigste war.
Beim Übergang vom obersten Schneefeld zum felsigen Teil des Bergs holten wir die beiden Neuseeländer ein. Sie hatten angesichts der fortgeschrittenen Uhrzeit ihre Pläne angepasst und sich nun auch nur noch für das Grünegghorn entschieden. Eine sicherlich weise Entscheidung.
4 Stunden und 15 Minuten nach dem Start in der Konkordiahütte standen wir auf dem Gipfel des 3860 Meter hohen Grünegghorns. Die Sonne hatte unterdessen die meisten Wolken aus dem Weg geräumt und so durften wir das wunderbare Panorama inmitten der Berner und Walliser Alpen geniessen. Für mich war diese Perspektive von hoch oben die Jahrespremiere, Dänu und Thömu hingegen standen eine Woche zuvor bereits auf den beiden Viertausendern Lagginhorn und Weissmies.
Alles schön und gut, aber vor uns lag der Abstieg und die lange Reise über den Konkordiaplatz sowie entlang des Grossen Aletschfirns hoch zur Lötschenlücke bzw. Hollandiahütte.
Es war in der Tat zermürbend, wie langsam wir voranzukommen schienen. Hinter uns die Konkordiahütte, welche nicht wirklich kleiner wurde, vor uns die Hollandiahütte, welche nicht grösser wurde. 9 Stunden waren seit dem Start vergangen, und mein Trinkvorrat neigte sich dem Ende entgegen. Glücklicherweise hatten sich unterdessen wieder recht viele Wolken ausgebreitet und so verhindert, dass die Sonne gross einheizen konnte. Nun, es blieb nichts anderes übrig, als einen Schritt nach dem anderen zu machen.
Um 17 Uhr standen wir schliesslich auf der Terrasse der Hollandiahütte. Elfeinhalb Stunden benötigten wir für die heutige Tagesetappe, was doch ein wenig länger war als ursprünglich geplant… Wir alle waren so ziemlich ausgepumpt und froh, am Ziel zu sein. Selbst für Hunger war ich zu müde. Flüssigkeitszufuhr stand klar zuoberst auf der Wunschliste!
Wir waren heute die einzigen drei Gäste und hatten somit unseren Frieden. Nach dem wiederum sehr feinen Znacht mit Lauchsuppe, Salat, Schupfnudeln und Fleischvogel sowie Vanillecreme zum Dessert machte ich mich noch kurz auf den Weg nach draussen, um ein paar Bilder zu schiessen. Die Strapazen des Tages forderten jedoch schon bald ihren Tribut und so lag es nahe, bald den Weg ins Bett unter die (schmerzenden) Füsse zu nehmen.
Tagesfakten: 22km, 11h27min, 1704m Anstieg, 1367m Abstieg
Sali Erich, gratuliere zu öichere grandiose Leischtig und de tolle Bilder mit informativem und unterhaltsamen Kommentar.
Gruess, Päuli